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Nun ist es offiziell. Mit Pressemitteilung vom 20. Mai 2022 hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) offiziell bestätigt, dass die Corona-Arbeitsschutzverordnung nicht verlängert wird, sondern mit Ablauf des 25. Mai 2022 ausläuft. Für die betriebliche Praxis stellt sich nun die Frage, ob noch weiterhin Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Mit Karl Valentin kann man hierzu sagen: Nichts Genaues weiß man nicht.
Sicher ist, dass die verbindlichen Regelungen der Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) entfallen. In der letzten Fassung waren die Basisschutzmaßnahmen ohnehin bereits sehr schwammig formuliert. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung waren das Angebot eines Corona-Tests pro Woche, die Verminderung von Personenkontakten und die Bereitstellung medizinischer Masken unter Berücksichtigung des regionalen Infektionsgeschehens als erforderliche Maßnahmen zu prüfen (§ 2 Abs. 3 Corona-ArbSchV). Ergänzend war die Corona-Arbeitsschutzregel (Corona-ArbschR) in der jeweils geltenden Fassung zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 3 Corona-ArbSchV). Die Corona-ArbSchR wurde aber nicht nachgezogen und basierte noch auf dem Stand vom 24. November 2021, so dass große Unklarheit bestand, welche Maßnahmen verbindlich anzuordnen waren.
Aber auch die Corona-ArbSchR endet am 25. Mai 2022, da ihr zeitlicher Anwendungsbereich an die Laufzeit der Corona-ArbSchV geknüpft ist (Ziffer 1 Abs. 3 Corona-ArbSchR).
Wer nun glaubt, dass man sich im Betrieb nicht mehr mit dem Thema Corona beschäftigen muss, wird leider enttäuscht. Wie auch vor der Corona-ArbSchV und der Corona-ArbSchR gelten die allgemeinen Vorschriften zum Arbeitsschutz.
Hiernach ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, bei der die mit der Arbeit verbundenen Gefahren zu ermitteln sind (§ 5 Abs. 1 ArbSchG). Hierbei sind auch biologische Einwirkungen zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 ArbSchG). Daher müssen auch weiterhin Gefährdungen durch das Coronavirus bewertet und die erforderlichen Maßnahmen abgeleitet werden. Bei der Ableitung der Maßnahmen muss unter anderem der aktuelle Stand arbeitsmedizinischer Erkenntnisse berücksichtigt werden. Auch wenn die ArbSchR bald nicht mehr verbindlich ist, enthält sie im Rahmen der Pandemie gewonnene arbeitsmedizinische Erkenntnisse, die immer noch Bedeutung haben. So dürfte beispielsweise als gesichert gelten, dass die Einhaltung von Mindestabständen und die Nutzung von Schutzmasken das Risiko von Infektionen mit dem Coronavirus reduzieren können.
Viel schlauer wird man durch diese juristische Analyse leider nicht. Wie dargestellt, wurde die Corona-ArbSchR seit November 2021 nicht mehr aktualisiert. Das BMAS hat angekündigt, FAQ zu veröffentlichen, wie mit der geänderten Situation umzugehen ist.
Die allgemeinen Entwicklungen können nicht unbeachtet bleiben. Das BMAS begründet das Auslaufen der Corona-ArbSchV selbst mit dem erfreulichen und beständigen Abklingen der Infektionszahlen. Auch die Beschränkungen für das öffentliche Leben haben bereits geendet oder wurden erheblich gelockert. Das kann auch Eingang in die betriebliche Gefährdungsbeurteilung finden. Aus unserer Sicht ist es daher gut vertretbar, auf harte Masken- und Abstandpflichten sowie das Angebot von Corona-Tests zu verzichten, wenn im Betrieb keine besondere Gefährdungssituation besteht. Die Anordnung von Corona-Tests war nach Auslaufen der 3G-Regelung und abgesehen von speziellen gesetzlichen Regelung für bestimmte Bereiche (z.B. Krankenhäuser und ambulante Pflegedienste) ohnehin nicht möglich. Es sollte an die Verantwortung der Mitarbeitenden, sich und andere zu schützen, appelliert und allgemeine Empfehlungen ausgesprochen werden (auf Abstände zu achten, sich regelmäßig und gründlich die Hände zu waschen, Niesetikette, kein Betreten des Betriebs bei Krankheitssymptomen und Durchführung eines Tests etc.). Es muss natürlich das regionale Infektionsgeschehen und die individuelle betriebliche Gefährdungslage im Blick behalten werden, was ggf. weitergehende Maßnahmen erfordern kann.
Bei einem vorsichtigen Ansatz ist darüber hinaus denkbar, weiterhin an den bewährten Maßnahmen festzuhalten (z.B. breites Angebot von Homeoffice, Markierung von Laufwegen und Einhaltung von Mindestabständen sowie Pflicht zum Tragen von Masken, wo Mindestabstände nicht eingehalten werden können). Es ist daran zu denken, dass die mit diesen Arbeitsschutzmaßnahmen verbundenen Kosten vom Arbeitgeber zu tragen sind.
Infolge des Wegfalls der verbindlichen Vorgaben der Corona-ArbSchV und der Corona-ArbSchR kann das Hygienekonzept nach dem 25. Mai 2022 gelockert werden. Abgesehen von regionalen und betrieblichen Infektionsausbrüchen und von eventuellen besonderen betrieblichen Situationen spricht viel dafür, dass auf harte Maßnahmen wie die Maskenpflicht im Betrieb verzichtet werden kann. An allgemeinen Empfehlungen zum Eigen- und Fremdschutz sollte dagegen festgehalten werden. Es ist daran zu denken, dass dem Betriebsrat hinsichtlich der aus der Gefährdungsbeurteilung abzuleitenden Maßnahmen ein Mitbestimmungsrecht zusteht (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit sollten ebenfalls einbezogen werden. Die weitere Entwicklung ist zu beobachten, insbesondere die vom BMAS angekündigten FAQ.
Verfasst von Dr. Lars Mohnke.