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Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht – Festlegung von Zielgrößen zum Frauenanteil und Fristen zu deren Erreichung nach dem Teilhabegesetz

Das am 1. Mai 2015 in Kraft getretene Teilhabegesetz verpflichtet Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen sowie Gesellschaften, die börsennotiert und mitbestimmt sind, zur Festlegung von Zielgrößen zum Frauenanteil und Fristen zu deren Erreichung in Aufsichtsrat, Geschäftsführung bzw. Vorstand und den ersten beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführung bzw. des Vorstands. Gesellschaften, die bislang die vom Gesetz vorgesehenen Höchstfristen zur Festlegung der Zielgrößen und Fristsetzung zur Zielerreichung maximal ausreizten, müssen dieses Jahr erneut tätig werden. Denn die fünfjährige Höchstfrist läuft in diesem Fall am 30. Juni 2022 ab. Die jeweils zuständigen Organe müssen deshalb die entsprechenden Beschlüsse fassen, wobei auch Änderungen durch das am 12. August 2021 in Kraft getretene zweite Teilhabegesetz zu berücksichtigen sind.

Das am 1. Mai 2015 in Kraft getretene Teilhabegesetz führte zu Änderungen zahlreicher gesellschafts-, handels- und mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften. Diese beinhalten unter anderem eine Pflicht börsennotierter und/oder mitbestimmter Gesellschaften zur Festlegung von Zielgrößen zum Frauenanteil und Fristen zu deren Erreichung in Aufsichtsrat, Geschäftsführung bzw. Vorstand und den ersten beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführung bzw. des Vorstands. Änderungen und Ergänzungen des Teilhabegesetzes gelten seit Inkrafttreten des zweiten Teilhabegesetzes am 12. August 2021.

Anwendungsbereich

Zur Festlegung von Zielgrößen und Fristen zur Erreichung verpflichtet sind grundsätzlich Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen sowie Gesellschaften, die beide Eigenschaften erfüllen. Eine Ausnahme gilt für den Aufsichtsrat einer börsennotierten und mitbestimmten Gesellschaft, da für diesen bereits eine feste Mindestquote von 30 Prozent vorgeschrieben ist. Erfasst sind insgesamt Gesellschaften, deren Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz, Mitbestimmungsgesetz, Montan-Mitbestimmungsgesetz oder Mitbestimmungs-Ergänzungsgesetz zu bilden ist.

Zuständigkeit bei einer GmbH und AG

Die Zielgrößen und Fristen zu deren Erreichung werden durch Beschluss des zuständigen Organs festgelegt, wobei sich die Zuständigkeitsvorschriften für die GmbH im GmbHG und für die AG im AktG finden.

Bei einer dem Drittelbeteiligungsgesetz unterliegenden GmbH ist die Gesellschafterversammlung hinsichtlich der Festlegungen für den Aufsichtsrat und der Geschäftsführung zuständig, sofern sie diese nicht dem Aufsichtsrat überträgt. Unterliegt die GmbHG dagegen strengeren Mitbestimmungsgesetzen, obliegt die Zuständigkeit zur Beschlussfassung hinsichtlich des Aufsichtsrats und der Geschäftsführung allein dem Aufsichtsrat. In beiden Fällen bleibt die Geschäftsführung für die Festlegung von Zielgrößen und Fristen für die beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführung zuständig.

Im Rahmen einer AG ist der Aufsichtsrat für die Festlegungen für den Aufsichtsrat und den Vorstand zuständig. Für die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands ist der Vorstand zuständig.

Inhalt des Beschlusses

In dem Beschluss müssen sowohl Zielgrößen zum Frauenanteil als auch Fristen zur Erreichung festgelegt werden. Eine Begründung des Beschlusses ist nach dem zweiten Teilhabegesetz nur dann und insoweit verpflichtend, wie die Zielgröße null festgelegt wird.

Die Bestimmung der Höhe der Zielgrößen erfolgt im Rahmen der gesetzlichen Grenzen nach unternehmerischem Ermessen und wird üblicherweise in einem Prozentsatz ausgedrückt. Eine starre Quote ist nicht vorgeschrieben. Zu beachten ist jedoch das Verschlechterungsverbot, wonach die festzulegenden Zielgrößen den tatsächlich in der Gesellschaft erreichten Anteil nicht unterschreiten dürfen, sofern dieser unter 30 Prozent liegt. Außerdem ist aufgrund des zweiten Teilhabegesetzes nunmehr zu beachten, dass die Zielgrößen bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen müssen.

Gleichzeitig sind in dem Beschluss Fristen zur Zielerreichung festzulegen, die nicht länger als fünf Jahre sein dürfen. Die Festsetzung einer kürzeren Frist oder stufenweisen Erhöhung ist dagegen möglich.

Da die erste Fristsetzung nach Inkrafttreten des Teilhabegesetzes bis zum 30. September 2015 zu erfolgen hatte und nicht länger als bis zum 30. Juni 2017 laufen durfte, müssen alle Gesellschaften, die im Jahr 2017 die neue Frist auf den Höchstzeitraum von fünf Jahren festlegten, in diesem Jahr neue Beschlüsse zu Zielgrößen und Fristen fassen.

Next steps

Gesellschaften, die zur Festlegung von Zielgrößen zum Frauenanteil und Fristen zur Erreichung verpflichtet sind, sollten den zuletzt gefassten Beschluss und einen möglichen Fristablauf im Jahr 2022 überprüfen. Es ist davon auszugehen, dass einige Gesellschaften dieses Jahr tätig werden müssen. Jedenfalls aber haben die betroffenen Gesellschaften ihre jährlichen Berichts- und Veröffentlichungspflichten zu erfüllen.

Hogan Lovells hat in dem Beck’schen Formularbuch Arbeitsrecht einen Gesellschafterbeschluss einer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz mitbestimmten GmbH zur Festlegung der Zielgrößen und Fristen formuliert.

 

 

Dieser Beitrag ist Bestandteil unserer Beitragsreihe „Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht“, in welcher wir aktuelle arbeitsrechtliche Themen erläutern und Praxishinweise geben. Vorschläge für die dazugehörigen Klauseln finden sich in unserem kürzlich erschienenen Beck’schen Formularbuch Arbeitsrecht, welches von den Arbeitsrechts- Partner*innen von Hogan Lovells bereits in der 4. Auflage herausgegeben wird und in das umfangreiche Know-How unserer Anwält*innen eingeflossen ist.

 

 

 

 

 

Verfasst von Moritz Langemann.

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