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Aktualisierter Referentenentwurf "Gesetz zur Stärkung der Integrität der Wirtschaft"

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat seinen ersten Referentenentwurf zu einem Verbandssanktionengesetz überarbeitet und unter einer neuen Überschrift als finalen Entwurf vorgelegt.

Der neue Referentenentwurf ist hier abrufbar.

Strukturelle Änderungen zum ersten Entwurf gibt es nicht. Das Gesetz behält seine Konzeption als Ordnungswidrigkeitenrecht für Unternehmen in Verbindung mit dem für Verfolgungsbehörden neu geltenden Legalitätsprinzip. Auch die Erhöhung der Bußgeldobergrenze, die Einführung weiterer Verbandssanktionen, die Regelungen zur Verfahrenseinstellung und die Klarstellungen zur Beschränkung des Beschlagnahmeverbots auf das Beschuldigten-Strafverteidiger-Verhältnis bleiben bestehen. Vergleichen Sie hierzu unseren Newsflash zum ursprünglichen Referentenentwurf, welcher hier abrufbar ist.

Nachstehend finden Sie die wichtigsten Änderungen des neuen Gesetzesentwurfs und ihre Bedeutung für die Praxis:

Beschränkung des Anwendungsbereichs

Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist nun auf Verbände beschränkt, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Insbesondere gemeinnützige Vereine sind dadurch vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen. Sie unterfallen nicht mehr dem Legalitätsprinzip. Eine im Ermessen der Behörden stehende Verfolgung von gemeinnützigen Vereinen bleibt jedoch nach wie vor möglich: Nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz und dem dort geltenden Opportunitätsgrundsatz.

Keine Verbandsauflösung mehr

Die umstrittene Sanktion der Auflösung von Unternehmen wurde ersatzlos gestrichen. In der Praxis dürfte dies kaum Auswirkungen haben. Es verbleiben die Geldsanktion und Verwarnung sowie die parallel mögliche öffentliche Bekanntmachung der rechtskräftigen Sanktion. Die in der Praxis besonders relevante Möglichkeit der Verhängung von Auflagen und Weisungen im Falle einer Einstellung verbleibt ebenfalls im Entwurf.

Sanktionsmilderung bei internen Untersuchungen

Die im alten Entwurf noch ins freie Ermessen des Gerichts gestellte Strafmilderung bei der Durchführung von internen Untersuchungen "soll" nun erfolgen. Das Gericht ist somit in seinem Ermessen gebunden. Der Referentenentwurf enthält jedoch weiterhin zwei Möglichkeiten der sanktionsmildernden Berücksichtigung von internen Untersuchungen:

  • Die weiterhin ins freie Ermessen von Staatsanwaltschaft und Gericht gestellte Möglichkeit, die Kooperation und interne Sachverhaltsaufklärung des Verbandes sanktionsmildernd zu berücksichtigen: Für diese Möglichkeit sind keine spezifischen Anforderungen an die interne Untersuchung im Referentenentwurf aufgeführt. Es gelten dort daher die bereits in der Praxis etablierten Grundsätze und damit insbesondere keine Anforderung an die Aufgabe des Verteidigerprivilegs.
  • Die ins gebundene Ermessen des Gerichts gestellte Sollanforderung, eine interne Untersuchung dann sanktionsmildernd zu berücksichtigen, wenn die im Gesetzesentwurf aufgeführten engen Vorgaben eingehalten wurden. Diese Vorschrift gilt auch nach dem neuen Referentenentwurf nur in Fällen der Sanktionierung durch das Gericht und nicht in Fällen der Einstellung durch die Staatsanwaltschaft. Ihre Bedeutung in der Praxis wird daher beschränkt sein.

Die Vorgaben an interne Untersuchungen, die das gebundene Ermessen des Gerichts auslösen, wurden im neuen Referentenentwurf leicht modifiziert:

  • Entfallen ist das nach neuer Gesetzesbegründung "selbstverständliche" Erfordernis, interne Untersuchungen in Übereinstimmung mit den geltenden Gesetzen durchzuführen. Die Streichung könnte in der Praxis den Gerichten die Flexibilität ermöglichen, die fakultative Strafmilderung nicht bereits wegen kleinerer Rechtsverstöße im Rahmen einer internen Untersuchung zu kippen.
  • Der neue Referentenentwurf hebt die besondere Bedeutung des Zeitpunkts der Offenlegung aller Unterlagen und internen Untersuchungsergebnisse hervor. Eine Offenlegung nach Beginn der gerichtlichen Hauptverhandlung ist ausgeschlossen. Nimmt die Verfolgungsbehörde ohne eine eigenständige Offenlegung durch das Unternehmen Ermittlungen auf, so muss sich das betroffene Unternehmen innerhalb kurzer Frist zur vollumfänglichen Kooperation entscheiden, um das gebundene Ermessen des Gerichts an die Sanktionsmilderung auszulösen.
  • Die Anforderungen an Mitarbeiterbefragungen bleiben bestehen. Die Grundsätze eines fairen Verfahrens sollen insbesondere durch eine ordnungsgemäße Belehrung von Mitarbeitern über die mögliche Offenlegung der Informationen an die Strafverfolgungsbehörden sowie die Information über die Selbstbelastungsfreiheit und das Recht auf einen anwaltlichen Beistand sichergestellt werden. Die neue Gesetzesbegründung betont insbesondere das Recht von Arbeitnehmern auf die Selbstbelastungsfreiheit. Diese Frage war bislang von Arbeitsgerichten nicht einheitlich geklärt.

Keine Verfolgung nach dem VerSanG bei Verfolgung oder Verfahrenseinstellung desselben Lebenssachverhalts durch Wettbewerbsbehörden

Eine weitere Änderung sieht vor, dass eine Verfolgung oder Verfahrenseinstellung desselben Lebenssachverhalts durch Wettbewerbsbehörden eine Verfolgung nach dem VerSanG ausschließt. Dies war bislang nur bei der Verfolgung oder Verfahrenseinstellung durch nationale oder europäische Kartellbehörden vorgesehen.
Wir werden die Entwicklungen weiter beobachten und Sie auf dem aktuellen Stand halten.

 

 

Autoren: Dr. Sebastian Lach, Désirée Maier, and Christian Ritz.

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